Theater zum 100-jährigen Jubiläum
der Pfarrei St. Michael Bayerniederhofen
im Jahr 2009

(von Gabi Linder)

 

Mutter

Jetzt müssen wir aber pressieren, die Kirche fängt um 9 Uhr an. Du musst ministrieren!

Vater

Ja, heute ist das 100-jährige Jubiläum

Sohn

Wieso, wer hat den 100. Geburtstag?

Mutter

Unsere Pfarrei wird heute 100 Jahre!

Sohn

Gibt es die erst seit 100 Jahren? Was war denn da zuvor?

Vater

Zuvor waren wir eine Pfarrkuratie und regiert haben uns die Waltenhofener.

Sohn

Was ist des eigentlich: Eine Pfarrkuratie?

Mutter

Da könnte man Schäfflars Ima fragen mit ihren 99 Jahren. Aber des kann ich Dir auch erklären. Eine Kuratie ist sozusagen eine Quasipfarrei.

Sohn

Was ist des?

Mutter

Unter einer Quasipfarrei versteht man eine bestimmte Gemeinschaft von Gläubigen, die Aufgrund besonderer Umstände noch nicht als Pfarrei errichtet wurde.

Sohn

Was für Umstände? Sind die nie in die Kirche gegangen?

Vater

Quatsch! Wenn z. B. der ort noch zu klein war oder so!

Mutter

Aber wenn man einmal Pfarrei ist, dann ist man immer Pfarrei!

Vater

Und seit dem 07.06.1909 sind wir eine selbständige Pfarrei. Und können Tun, was wir wollen! Und haben auch seit dieser Zeit einen eigenen Pfarrer. Um des genau zum sagen, haben wir sechs Pfarrer in den letzten 100 Jahren gehabt.

Sohn

Heee, krass, kaum verschleiß, bloß 6 Stück in 100 Jahren!!

Mutter

(nachdenklich)
Ja, da war
1905 – 1916        Pfarrer Friedrich Philipp, zuvor Pfarrkurat         
1916 – 1961        Pfarrer Sebastian Kümmerle
1961 – 1962 Pfarrer Ludwig Merk
1962 – 1993        Pfarrer Georg Keller
1993 – 2002        Pfarrer Peter Mayr
2002 -         Pfarrer Gracious Naralakkattukunnel
Seit 1999    Geistlicher Rat Ludwig Epp – Unruhestandspfarrer        

Vater

Aber am längsten war der Pfarrer Sebastian Kümmerle (genannt Wastl) da, 45 Jahre. Am Anfang hat der die Buchinger gar nicht so gerne gemocht.

Sohn

Warum? War das ein Trauchgauer?

Vater

Er bezeichnete die Buchinger als „Sehr grobe, breckene Holzschlägel und auch die Frauenwelt ist hier zu fürchten“

Mutter

Aber er hat es doch 45 Jahre bei uns ausgehalten. Da sieht man wieder, dass die Buchinger, doch ganz umgängliche Leute sind.
Der hat sogar nach der Osterbeichte höchstpersönlich die Beichtzettel eingesammelt.
Manche Burschen gingen extra 2-mal zum Beichten, dass sie diese verkaufen konnten, ums sich selber eine halbe Bier zu kaufen.

Sohn

Das war ja ein richtiger Schwarzmarkt!

Mutter

Hangeles Marie wollte kurz vo dem Gottesdienst noch schnell beichten. Der Pfarrer schrie zornig: „Kannst Du nicht früher kommen?“ Marie sagte gar nichts. Er drehte sich hastig um und setzte sich in den Beichtstuhl, leider auf die falsche Seite, er fiel zu Boden und unten streckte er die Füße heraus. Darauf sagte Hangeles Marie: „Gell, so geht es, weil alla so narret bist!“

Vater

Das war auch ein genialer Geschäftsmann. 1949 wurde unsere Kirche innen und außen renoviert. Zur Kostendeckung führte er einfach den sogenannten „Milchpfennig“ ein. Das heißt, alle Bauern opferten für jeden abgelieferten Liter Milch einen pfennig der Kirche.

Sohn

Opfern die Bauern heute auch noch so viel, weil denen auch immer weniger von der Milch bleibt?

Mutter

Früher war die Milch für die Leute noch was wert und auch ein kleiner Bauer konnte davon noch leben!

Vater

Und sogar der Pfarrer hat eine Ökonomie betrieben und sein eigenes Vieh im Stall gehabt.

Sohn

Ach! Darum heißt das PfarrHOF!

Mutter

Ja, ja, das war noch die gute alte Zeit!

Vater

Danach ist der 1. und der 2. Weltkrieg gekommen. Und der Pfarrer hat, weil er nichts von der damaligen NS-Regierung gehalten hat, nicht mehr in der Schule unterrichten dürfen.

Sohn

Da hatten wir wenigstens noch eine schule! Wer hat dann den Religionsunterricht abgehalten?

Mutter

Da hat der Pfarrer aus Trauchgau nach Bayerniederhofen kommen müssen. Der war da auch nicht sehr begeistert…

Sohn

Des denk ich mir…

Vater

Unter den 2 Weltkriegen wurden auch zweimal die Glocken zum einschmelzen für Munition vom Kirchturm genommen.
1923 wurden wieder zwei Glocken gekauft. Da war Inflation. Zu der Zeit kostete ein Leib Brot eine Million Mark!

Sohn

Was ist eigentlich eine Inflation?

Mutter

Da wird das Geld immer weniger wert!

Sohn

Also so ähnlich wie die Euroumstellung!

Vater

So ungefähr!
1953 wurde dann ein neues Geläut von Sebastian Kümmerle eingeweiht, vier neue Glocken aus Bronze, die heute noch noch den Buchingern zeigen, was es geschlagen hat!

Mutter

Der hat noch viel mehr getan! Der hat den Pfarrsaal, das Leichenhaus, das Kriegerdenkmal, eine neue Orgel und eine Kirchenheizung eingebaut.

Vater

Und darum ist er auch Ehrenbürger geworden.

Mutter

Einmal besuchte er Zilles Thomas und da der kleine Sohn Ludwig das Wort Geistlicher Rat nicht so richtig verstanden hatte schrie er zu seiner Mutter Zenzi: „Mama do ischt a Moa dussa, i gloab des isch der heilig Geist!“

Sohn

War eigentlicher ein Messner auch so lange da?

Vater

Freilich! Der Messner Max Hitzl, der Messnermaxel, der war 60 Jahre lang Messner.

Mutter

Der war so ein halber Dorfbader, heute würde man sagen ein Autodidakt. Nach dem Gottesdienst kamen die Kinder und auch Erwachsene zum Haare schneiden und zum Rasieren. Die Frisuren sahen alle gleich aus… (Topf auf den Kopf und unten abgeschnitten!)

Vater

Auch Uhren konnte der reparieren. Außerdem machte er auch noch Lektor. Einmal kam er zu spät zu seiner Verwandtschaft zum Mittagessen. Auf die Bemerkung: „Heute kommst du aber spät!“ Sagte er: „Heute war der Wolfer beim Rasieren da, der hat so ein große Gesicht, da brauche ich länger!“

Sohn

Jetzt weiß ich auch, was ein Autodidakt ist!
Hat es dann keinen Messner mehr gegeben?

Vater

Doch, Gassenschneiders Xaver, den Schuster Bertel, Schlats Nazel, Effelars Benedikt, Tischlers Josef und jetzt haben wir Tischelrs Zilli und Wullingers Georg.

Sohn

Hat es früher auch weibliche Messner gegeben?

Mutter

Die erste weibliche Messnerin ist unsere Zilli, mei sind mir froh, dass mir die Zilli hand! Früher hatte es im Altarraum überhaupt keine Frauen gegeben, da war nichts los mit ministrieren als Mädchen!

Sohn

Auch keine Letorinnen und keine Ministrantinnen?

Mutter

Noa, bloß Männer!

Vater

Doch eine Frau gibt es auch schon länger, unsere Organsistin, die ist jetzt schon fast 70 Jahre auf dem Chor und traktiert unsere Orgel und dirigiert den kirchenchor.

Sohn

Ist das die, die immer so rumfuchtelt?

Vater

Das heißt man dirigieren! Den Kirchenchor nämlich gibt es auch schon fast 100 Jahre!

Mutter

Hast Du das schon gewusst, dass die damals auch ganz besondere Bräuche gehabt haben?

Sohn

Was ist eigentlich ein Brauch? Ist das was, wo jeder braucht?

Vater

z. B. war es früher Brauch, dass eine Hochzeit nur am Montag oder Dienstag war!

Sohn

Das ist ein Brauch!

Mutter

Beim Öfferler ist man am Vormittag zum Heiraten gefahren und am Nachmittag ist das Brautpaar zum Mistbreiten ins Feld hinaus gegangen.

Vater

Heute wird am Samstag ganz pompös geheiratet aber nach an de Sonntag sieht man keinen mehr in der Kirche.

Sohn

Was? Im Brautkleid send die zum mistbreiten?

Mutter

No, aber viel Kleidung hand die früher ite ket. Do hatten sie nur a Werktaghäs oder ein Sonntagshäß!

Vater

Do waret Buabe de ganze Sommer Barfuß in der Lederhose!

Sohn

Hand die it amol a Fußballtrikot ket?

Mutter

So was hat es damals itte gebe!

Vater:

Früher hat ma o it so viel Ministrante ket. Mit waret zwar o viel aber it so viel wie heit.

Mutter:

Des machet ganz viel der Pierre, der Oberministrant, und natürlich der Pfarrer Epp aus.

Sohn:

Ja die machet es gut mit eis. Mir sind a ganz a gute Truppe.

Mutter:

Ja do send ja o gnua Lausbuabe und Lausmädla derbei.

Vater:

Bloß beim Kirchenchor lasst es kerig lug. Do det ma ganz dringend Leit brauche. Des hoast guate Sänger.

Mutter:

Mensch wenn denkst seit ewigen Zeiten leitet die Katharina sche den Kirchenchor.

Sohn:

Mei nach muß halt Kirchenverwaltung amol Anzeigen schalte. Vielleicht kummet a paar Placido Dominos noch Buching.

Sohn:

I hab no a bessre Idee. Ma kunnt doch a Fernsehsendung schalte „Buching sucht den Suppersänger  für Kirchenchor“

Mutter:

So BSSK

Sohn:

Des klingt ja krank. So wie BSE

Vater:

Ganz was anderst. Wisset Dir eigentlich dass von Buching aus o ua Pfarrer wore sind.

Mutter:

Ja i was no gut de Pater Josef Ressle vo Kniebis, der Schuster Pfarrer.

Vater:

De hat ganz gut Karte spiele kenne. Den hättet Dir ite bscheiße kenne, de hät des sofort gemerkt.

Mutter:

Ja und den Hochwürdigen Pfarrer Peter Lory. Des war a ganz großer Heimatforscher. Dem hand Buchinger ganz viel zum Verdanke.
De hat damals als aufschriebe und für die Nachwelt erhalte.
Heit schaut des mit de Pfarrer a bissle mager aus.

Vater:

Die müsset ahebe alla no mehr Pfarreien dazunehme.

Sohn:

Ja mir det de Beruf Pfarrer sche gefalle, aber heire mecht i sche o.

Mutter:

Du und heire. Du schimpfst ja bloß über die Mädla.

Vater:

Itsa halt no

Mutter:

Kummet itsa misset Dir uib richte sonst kummet der spät in die Sakristei.

Vater:

Siegscht do fällt mir no ei dass eisre Kircheturmuhr seit 1953 a elektronisches Geläut hat. Dervor ich die nie richtig pünktlich gange, die hat ma ständig richte müsse.

Mutter:

Ja gericht hat ma eisre Kirche vor a paar Joahr o. Die hat ma mie richtig auf Hochglanz bracht.

Vater:

Ja und o eiser Kriegerdenkmal und eiser Leichenhaus hat ma in viele ehrenamtliche Stunde renoviert.

Mutter:

De Friedhof hat ma o no erweitert und heit weiht ma o die neue Lourdes Grotte ei. In dene letzte 100 Jahr hat ma wirklich viel für eisre Kirche  bzw. für die Pfarrgemeinde do. Es wischt alla mie schie alle helfet zemme.

Sohn:

Ja do isch bestimmt no mehr gwese als Dir itsa verzället.

Mutter:

Ja aber mir miesset itsa in die Kirche gange.

Vater:

Des kennet Dir zwoa alles noachelese in dem Heftle wo in der Kirche zum kaufe ausliegt. Des wischt damals 2001 für des Fescht vorwiegend vom Fischer Werner angefertigt woare.

Sohn:

Ja gut nach wer i mir des amol neizieche, oder Dir verzället mir amol wie des war beim Pfarrer Keller , weil den hand dir ja ganz gut kennt.

Mutter:

Ja klar de hat mie von der Geburt bis 1993 wo na gestorben wischt begleitet. Des war o a lange Zeit. Den hand mir no als religionslehrer ket an der Volksschule in Bayerniederhofen und an der Mittelschule in Füssen. De hat damals o Frauen it gere im Altarraum gseche.

Vater:

Pfarrer Keller hat seine erste Wohnung im Schulhaus in Bayerniederhofen ket, da der alte Pfarrhof abgebrochen wurde und ein neues Pfarrhaus gebaut wurde. In seiner Seelsorgezeit wurde der Pfarrsaal mit seinen Nebengebäuden umgebaut und 1975 eine Renovierung der Kirche durchgeführt.

Mutter:

Noch in seinem Sterbejahr wurde er Ehrenbürger der gemeinde Halblech. Aber itsa wird es Zeit, kummet Abmarsch in die Kirche.

Vater:

Mir sind ja itsa a Pfarreiengemeinschaft mit Schwangau und Trauchgau. Aber jeder hat no selber an Pfarrer. Des ich bei eis no gut, weil mir in so a schiene Gegend wohnet . Do mag jeder gere Pfarrer sei.

Mutter:

Ja, drum isch ja damals o der Pfarrer Mayr für eis zuständig gwese. Nach dem Tod von Pfarrer Keller war er dann unser zuständiger Pfarrer. Mei war des damals furchtbar wo er 2003 am Geiselstein abgestürzt ist. Jeder hat den gere gmeget.

Sohn:

Ja, i weiß den o no als Ballonpfarrer do isch a in die Geschichte eingegangen. Gell, der war o gere bei eis do!

Mutter

Ja sche o wege der Gegend und natürlich o wege de nette Liebe Leit send die Pfarrer beis gere do. Die Pfarrschäfchen, also die Buchinger, die sche maletta in die Kirche gand. Bei der letzten Kirchenzählung waret es 300, des muss eis amol ebbar nachmache!

Sohn:

Dir saget doch o alla , des wie schie es ist in die Kirche zum gange, weil mir den Pfarrer Epp hand. Die schiene Predigta und die feierliche Gottesdienste. So saget dir doch o alla…

Sohn:

Und du Mama sehscht doch alla : Mei ischt die Kirche schie gricht.

Mutter:

Ja eisre Kirche hat ja o a super Floristin . Die Elfried machet des sche ganz gut.

Vater:

Ja und eiser engagierter Pfarrgemeinderat , die sich so um die wertvolle Weihnachtskrippe annehmen, und die Pfarrnachmittage organisieren. Usw…..

Mutter:

Aber ist luaget auf die Uhr itsa wird es no knapp!