Mutter |
Jetzt müssen wir aber pressieren, die Kirche fängt um 9 Uhr an. Du musst ministrieren! |
Vater |
Ja, heute ist das 100-jährige Jubiläum |
Sohn |
Wieso, wer hat den 100. Geburtstag? |
Mutter |
Unsere Pfarrei wird heute 100 Jahre! |
Sohn |
Gibt es die erst seit 100 Jahren? Was war denn da zuvor? |
Vater |
Zuvor waren wir eine Pfarrkuratie und regiert haben uns die Waltenhofener. |
Sohn |
Was ist des eigentlich: Eine Pfarrkuratie? |
Mutter |
Da könnte man Schäfflars Ima fragen mit ihren 99 Jahren. Aber des kann ich Dir auch erklären. Eine Kuratie ist sozusagen eine Quasipfarrei. |
Sohn |
Was ist des? |
Mutter |
Unter einer Quasipfarrei versteht man eine bestimmte Gemeinschaft von Gläubigen, die Aufgrund besonderer Umstände noch nicht als Pfarrei errichtet wurde. |
Sohn |
Was für Umstände? Sind die nie in die Kirche gegangen? |
Vater |
Quatsch! Wenn z. B. der ort noch zu klein war oder so! |
Mutter |
Aber wenn man einmal Pfarrei ist, dann ist man immer Pfarrei! |
Vater |
Und seit dem 07.06.1909 sind wir eine selbständige Pfarrei. Und können Tun, was wir wollen! Und haben auch seit dieser Zeit einen eigenen Pfarrer. Um des genau zum sagen, haben wir sechs Pfarrer in den letzten 100 Jahren gehabt. |
Sohn |
Heee, krass, kaum verschleiß, bloß 6 Stück in 100 Jahren!! |
Mutter |
(nachdenklich) |
Vater |
Aber am längsten war der Pfarrer Sebastian Kümmerle (genannt Wastl) da, 45 Jahre. Am Anfang hat der die Buchinger gar nicht so gerne gemocht. |
Sohn |
Warum? War das ein Trauchgauer? |
Vater |
Er bezeichnete die Buchinger als „Sehr grobe, breckene Holzschlägel und auch die Frauenwelt ist hier zu fürchten“ |
Mutter |
Aber er hat es doch 45 Jahre bei uns ausgehalten. Da sieht man wieder, dass die Buchinger, doch ganz umgängliche Leute sind. |
Sohn |
Das war ja ein richtiger Schwarzmarkt! |
Mutter |
Hangeles Marie wollte kurz vo dem Gottesdienst noch schnell beichten. Der Pfarrer schrie zornig: „Kannst Du nicht früher kommen?“ Marie sagte gar nichts. Er drehte sich hastig um und setzte sich in den Beichtstuhl, leider auf die falsche Seite, er fiel zu Boden und unten streckte er die Füße heraus. Darauf sagte Hangeles Marie: „Gell, so geht es, weil alla so narret bist!“ |
Vater |
Das war auch ein genialer Geschäftsmann. 1949 wurde unsere Kirche innen und außen renoviert. Zur Kostendeckung führte er einfach den sogenannten „Milchpfennig“ ein. Das heißt, alle Bauern opferten für jeden abgelieferten Liter Milch einen pfennig der Kirche. |
Sohn |
Opfern die Bauern heute auch noch so viel, weil denen auch immer weniger von der Milch bleibt? |
Mutter |
Früher war die Milch für die Leute noch was wert und auch ein kleiner Bauer konnte davon noch leben! |
Vater |
Und sogar der Pfarrer hat eine Ökonomie betrieben und sein eigenes Vieh im Stall gehabt. |
Sohn |
Ach! Darum heißt das PfarrHOF! |
Mutter |
Ja, ja, das war noch die gute alte Zeit! |
Vater |
Danach ist der 1. und der 2. Weltkrieg gekommen. Und der Pfarrer hat, weil er nichts von der damaligen NS-Regierung gehalten hat, nicht mehr in der Schule unterrichten dürfen. |
Sohn |
Da hatten wir wenigstens noch eine schule! Wer hat dann den Religionsunterricht abgehalten? |
Mutter |
Da hat der Pfarrer aus Trauchgau nach Bayerniederhofen kommen müssen. Der war da auch nicht sehr begeistert… |
Sohn |
Des denk ich mir… |
Vater |
Unter den 2 Weltkriegen wurden auch zweimal die Glocken zum einschmelzen für Munition vom Kirchturm genommen. |
Sohn |
Was ist eigentlich eine Inflation? |
Mutter |
Da wird das Geld immer weniger wert! |
Sohn |
Also so ähnlich wie die Euroumstellung! |
Vater |
So ungefähr! |
Mutter |
Der hat noch viel mehr getan! Der hat den Pfarrsaal, das Leichenhaus, das Kriegerdenkmal, eine neue Orgel und eine Kirchenheizung eingebaut. |
Vater |
Und darum ist er auch Ehrenbürger geworden. |
Mutter |
Einmal besuchte er Zilles Thomas und da der kleine Sohn Ludwig das Wort Geistlicher Rat nicht so richtig verstanden hatte schrie er zu seiner Mutter Zenzi: „Mama do ischt a Moa dussa, i gloab des isch der heilig Geist!“ |
Sohn |
War eigentlicher ein Messner auch so lange da? |
Vater |
Freilich! Der Messner Max Hitzl, der Messnermaxel, der war 60 Jahre lang Messner. |
Mutter |
Der war so ein halber Dorfbader, heute würde man sagen ein Autodidakt. Nach dem Gottesdienst kamen die Kinder und auch Erwachsene zum Haare schneiden und zum Rasieren. Die Frisuren sahen alle gleich aus… (Topf auf den Kopf und unten abgeschnitten!) |
Vater |
Auch Uhren konnte der reparieren. Außerdem machte er auch noch Lektor. Einmal kam er zu spät zu seiner Verwandtschaft zum Mittagessen. Auf die Bemerkung: „Heute kommst du aber spät!“ Sagte er: „Heute war der Wolfer beim Rasieren da, der hat so ein große Gesicht, da brauche ich länger!“ |
Sohn |
Jetzt weiß ich auch, was ein Autodidakt ist! |
Vater |
Doch, Gassenschneiders Xaver, den Schuster Bertel, Schlats Nazel, Effelars Benedikt, Tischlers Josef und jetzt haben wir Tischelrs Zilli und Wullingers Georg. |
Sohn |
Hat es früher auch weibliche Messner gegeben? |
Mutter |
Die erste weibliche Messnerin ist unsere Zilli, mei sind mir froh, dass mir die Zilli hand! Früher hatte es im Altarraum überhaupt keine Frauen gegeben, da war nichts los mit ministrieren als Mädchen! |
Sohn |
Auch keine Letorinnen und keine Ministrantinnen? |
Mutter |
Noa, bloß Männer! |
Vater |
Doch eine Frau gibt es auch schon länger, unsere Organsistin, die ist jetzt schon fast 70 Jahre auf dem Chor und traktiert unsere Orgel und dirigiert den kirchenchor. |
Sohn |
Ist das die, die immer so rumfuchtelt? |
Vater |
Das heißt man dirigieren! Den Kirchenchor nämlich gibt es auch schon fast 100 Jahre! |
Mutter |
Hast Du das schon gewusst, dass die damals auch ganz besondere Bräuche gehabt haben? |
Sohn |
Was ist eigentlich ein Brauch? Ist das was, wo jeder braucht? |
Vater |
z. B. war es früher Brauch, dass eine Hochzeit nur am Montag oder Dienstag war! |
Sohn |
Das ist ein Brauch! |
Mutter |
Beim Öfferler ist man am Vormittag zum Heiraten gefahren und am Nachmittag ist das Brautpaar zum Mistbreiten ins Feld hinaus gegangen. |
Vater |
Heute wird am Samstag ganz pompös geheiratet aber nach an de Sonntag sieht man keinen mehr in der Kirche. |
Sohn |
Was? Im Brautkleid send die zum mistbreiten? |
Mutter |
No, aber viel Kleidung hand die früher ite ket. Do hatten sie nur a Werktaghäs oder ein Sonntagshäß! |
Vater |
Do waret Buabe de ganze Sommer Barfuß in der Lederhose! |
Sohn |
Hand die it amol a Fußballtrikot ket? |
Mutter |
So was hat es damals itte gebe! |
Vater: |
Früher hat ma o it so viel Ministrante ket. Mit waret zwar o viel aber it so viel wie heit. |
Mutter: |
Des machet ganz viel der Pierre, der Oberministrant, und natürlich der Pfarrer Epp aus. |
Sohn: |
Ja die machet es gut mit eis. Mir sind a ganz a gute Truppe. |
Mutter: |
Ja do send ja o gnua Lausbuabe und Lausmädla derbei. |
Vater: |
Bloß beim Kirchenchor lasst es kerig lug. Do det ma ganz dringend Leit brauche. Des hoast guate Sänger. |
Mutter: |
Mensch wenn denkst seit ewigen Zeiten leitet die Katharina sche den Kirchenchor. |
Sohn: |
Mei nach muß halt Kirchenverwaltung amol Anzeigen schalte. Vielleicht kummet a paar Placido Dominos noch Buching. |
Sohn: |
I hab no a bessre Idee. Ma kunnt doch a Fernsehsendung schalte „Buching sucht den Suppersänger für Kirchenchor“ |
Mutter: |
So BSSK |
Sohn: |
Des klingt ja krank. So wie BSE |
Vater: |
Ganz was anderst. Wisset Dir eigentlich dass von Buching aus o ua Pfarrer wore sind. |
Mutter: |
Ja i was no gut de Pater Josef Ressle vo Kniebis, der Schuster Pfarrer. |
Vater: |
De hat ganz gut Karte spiele kenne. Den hättet Dir ite bscheiße kenne, de hät des sofort gemerkt. |
Mutter: |
Ja und den Hochwürdigen Pfarrer Peter Lory. Des war a ganz großer Heimatforscher. Dem hand Buchinger ganz viel zum Verdanke. |
Vater: |
Die müsset ahebe alla no mehr Pfarreien dazunehme. |
Sohn: |
Ja mir det de Beruf Pfarrer sche gefalle, aber heire mecht i sche o. |
Mutter: |
Du und heire. Du schimpfst ja bloß über die Mädla. |
Vater: |
Itsa halt no |
Mutter: |
Kummet itsa misset Dir uib richte sonst kummet der spät in die Sakristei. |
Vater: |
Siegscht do fällt mir no ei dass eisre Kircheturmuhr seit 1953 a elektronisches Geläut hat. Dervor ich die nie richtig pünktlich gange, die hat ma ständig richte müsse. |
Mutter: |
Ja gericht hat ma eisre Kirche vor a paar Joahr o. Die hat ma mie richtig auf Hochglanz bracht. |
Vater: |
Ja und o eiser Kriegerdenkmal und eiser Leichenhaus hat ma in viele ehrenamtliche Stunde renoviert. |
Mutter: |
De Friedhof hat ma o no erweitert und heit weiht ma o die neue Lourdes Grotte ei. In dene letzte 100 Jahr hat ma wirklich viel für eisre Kirche bzw. für die Pfarrgemeinde do. Es wischt alla mie schie alle helfet zemme. |
Sohn: |
Ja do isch bestimmt no mehr gwese als Dir itsa verzället. |
Mutter: |
Ja aber mir miesset itsa in die Kirche gange. |
Vater: |
Des kennet Dir zwoa alles noachelese in dem Heftle wo in der Kirche zum kaufe ausliegt. Des wischt damals 2001 für des Fescht vorwiegend vom Fischer Werner angefertigt woare. |
Sohn: |
Ja gut nach wer i mir des amol neizieche, oder Dir verzället mir amol wie des war beim Pfarrer Keller , weil den hand dir ja ganz gut kennt. |
Mutter: |
Ja klar de hat mie von der Geburt bis 1993 wo na gestorben wischt begleitet. Des war o a lange Zeit. Den hand mir no als religionslehrer ket an der Volksschule in Bayerniederhofen und an der Mittelschule in Füssen. De hat damals o Frauen it gere im Altarraum gseche. |
Vater: |
Pfarrer Keller hat seine erste Wohnung im Schulhaus in Bayerniederhofen ket, da der alte Pfarrhof abgebrochen wurde und ein neues Pfarrhaus gebaut wurde. In seiner Seelsorgezeit wurde der Pfarrsaal mit seinen Nebengebäuden umgebaut und 1975 eine Renovierung der Kirche durchgeführt. |
Mutter: |
Noch in seinem Sterbejahr wurde er Ehrenbürger der gemeinde Halblech. Aber itsa wird es Zeit, kummet Abmarsch in die Kirche. |
Vater: |
Mir sind ja itsa a Pfarreiengemeinschaft mit Schwangau und Trauchgau. Aber jeder hat no selber an Pfarrer. Des ich bei eis no gut, weil mir in so a schiene Gegend wohnet . Do mag jeder gere Pfarrer sei. |
Mutter: |
Ja, drum isch ja damals o der Pfarrer Mayr für eis zuständig gwese. Nach dem Tod von Pfarrer Keller war er dann unser zuständiger Pfarrer. Mei war des damals furchtbar wo er 2003 am Geiselstein abgestürzt ist. Jeder hat den gere gmeget. |
Sohn: |
Ja, i weiß den o no als Ballonpfarrer do isch a in die Geschichte eingegangen. Gell, der war o gere bei eis do! |
Mutter |
Ja sche o wege der Gegend und natürlich o wege de nette Liebe Leit send die Pfarrer beis gere do. Die Pfarrschäfchen, also die Buchinger, die sche maletta in die Kirche gand. Bei der letzten Kirchenzählung waret es 300, des muss eis amol ebbar nachmache! |
Sohn: |
Dir saget doch o alla , des wie schie es ist in die Kirche zum gange, weil mir den Pfarrer Epp hand. Die schiene Predigta und die feierliche Gottesdienste. So saget dir doch o alla… |
Sohn: |
Und du Mama sehscht doch alla : Mei ischt die Kirche schie gricht. |
Mutter: |
Ja eisre Kirche hat ja o a super Floristin . Die Elfried machet des sche ganz gut. |
Vater: |
Ja und eiser engagierter Pfarrgemeinderat , die sich so um die wertvolle Weihnachtskrippe annehmen, und die Pfarrnachmittage organisieren. Usw….. |
Mutter: |
Aber ist luaget auf die Uhr itsa wird es no knapp! |