Die Glocken von St. Michael

Es darf mit Sicherheit angenommen werden, dass bereits in den Vorgängerkapellen und auch in der 1460 erbauten Kirche eine oder mehrere Glocken zum Gebet gerufen haben. Leider finden sich darüber keine Unterlagen.

1577        wurde eine neue Glocke in Kempten gegossen                                                                                                           31 fl.
1607        Hannsen Freyberger von Füssen liefert 26 Pfund Eisen
                für die Glockenschwengel                                                                                                                                              1 fl.       33 kr.
                und                                                                                                                                                                               3 hl.
                Als Caspar Hueber, Schmied von Berghof die Glocken-
                schwengel gemacht hat, wobei ihn die Kirchenpfleger
                geholfen haben, verzehrt                                                                                                                                               1 fl.

1656        Auf den ergangenen Churfürstlichen Besuch vom 19.08.1656 wurde vom Stück- und Glockengießer Eberhard Ernst in München eine neue Glocke mit 708 Pfund gegossen. Sie wurde zu Ehren unser lieben Frau geweiht. Die alte Glocke mit 319 Pfund Gewicht wurde dran gegeben. Dem Glockengießer sind noch 250 fl. 27 kr. zu bezahlen. Davon bezahlt 101 fl. 30 kr.. Rest jährlich auf Pfingsten 50 fl. 1659 letzte Rate mit 50 fl. bezahlt.
Dem Zimmermeister Enderle Köpf für das
Hängen der Glocke                                                                                                                                                      12 fl.
Den Knechten des Glockengießers                                                                                                                               1 fl.       30 kr.
Dem Schmied von Buching für Hilfe                                                                                                                            11 fl.       18 kr.
Die alte Glocke nach München und die
neue herausführen                                                                                                                                                      10 fl.
1674        Auf gnädigsten Befehl ist ein neues Glöckl für die Kirche von Niederhofen gemacht worden.
                Dafür dem Stück- und Glockengießer Melchior Ernst von
                München nach Abzug des Altmetalls bezahlt worden                                                                                                  81 fl.       12 kr.
                „Annaglöcklein“ 170 kg. Inschrift: mich goss Johann
                Melchior Ernst in München 1673.
                Glockenweihe und Fahrlohn nach Freising                                                                                                                    5 fl.       18 kr.
                Das alte Glöckel nach München führen                                                                                                                         1 fl.         7 kr.
                Das neue Glöckel hierher führen                                                                                                                                                  8 kr.
                Abgeholt zu Weilheim                                                                                                                                                    1 fl.       42 kr.
                Für Glocken herabholen und rauf tun dem
                Zimmermeister Georg Köpf, Niederhofen                                                                                                                     2 fl.       20 kr.
                Georg Knestele, Schmied von Berghof
                für das Aufhängen der Glocken                                                                                                                                     3 fl.       16 kr.
                                                                                                                                                                                                    94 fl.       55 kr.

Am 15. April 1859 erhielt die Pfarrkirche zwei neue Glocken 1986 Pfund schwer. Die größere mit dem Namen „Maria“ wog über 16 Zentner, die kleine „Stephanus“ etwa 4 Zentner; damit hatte die Kirche 4 Glocken: Maria, Michael, Stephanus, Anna. Die Töne der neuen Glocken waren g und cis. Die Anschaffungskosten von 1.638 fl. 28 kr. wurden ganz aus freiwilligen Spenden aufgebracht. Die Glocken wurden in der Gießerei J. Weiß in München gegossen. Der neue Glockenstuhl kostete 26 fl. 7 kr.. Am 15.04.1859, am Fest Maria Schmerzen wurden die Glocken aufgezogen und am nächsten Nachmittag um 5 Uhr erklangen sie zum ersten mal. Diese Glocken versahen ihren Dienst bis 1904. Damals bestellte die Gemeinde ein neues Geläut von 4 Glocken im Gewicht von 5.488 Pfund bei der Glockengießerei Hamm in Augsburg. Drei alte Glocken mit 2.998 Pfund wurden drangegeben, wofür der Gießer 90 Pfennig pro Pfund bezahlte. Das neue Geläut kam auf 5.829,20 Mark. Dazu brauchte man auch einen neuen Glockenstuhl der 1.156,37 Mark kostete. Das Annaglöcklein wurde wegen seines ehrwürdigen Alters (1673) auf dem Turm belassen und durfte ihren Dienst versehen bis die Not des ersten Weltkrieges auch ihr ein unrühmliches Ende bereitete. Am 13.03.1918 wurden die Glocken (3) bis auf zwei von der Firma Alois Henkel aus Aitrang vom Turm geholt und mussten abgeliefert werden. Es war in Niederhofen geplant die Glocken wieder zu stehlen; aber jedenfalls hatten die Gendarmen Lunte gerochen und blieben die ganze Nacht bei den Glocken, so dass das Vorhaben nicht ausgeführt werden konnte. Lange noch lagen sie am Bahnhof Füssen und wanderten dann weiter zum Einschmelzen. Als Entschädigung wurden 4.690,00 Mark bezahlt. Dieses Geld war schon bald nichts mehr wert.

Nichts vermisste man in der damaligen Zeit so sehr wie ein schönes Geläut. Der bäuerliche Tagesablauf richtete sich noch weitgehend nach dem täglichen Gebetläuten. So beschloss man 1923 die Anschaffung von zwei Ersatzglocken. Den Auftrag erhielt die Firma Oberascher in München. Freiwillige Sammlungen in der Pfarrei erbrachten große Summen, man war ja damals „reich“, es war Inflation. Als wertbeständige Spende wurde Holz gestiftet: 47,23 Festmeter von Privaten, die am 05.03.1923 4.591.680,00 Mark erbrachten. Von der Waldkörperschaft 62 Festmeter Holz für beide Pfarreien, aus denen am 22.07.1923 17.945.00,00 Mark erlöst wurden. Von dem Gesamterlös erhielt Niederhofen 9.691.550,00 Mark (Buching hatte 155 und Trauchgau 132 Rechte).

Am 10.08.1923 erfolgte der Guss der Glocken, wobei der Guss der großen Glocke wohl gelang, bei der kleinen aber das flüssige Metall sich einen Weg in den Kern bahnte. Für die gelungene Glocke wurde gleich Rechnung gestellt, sie kam auf 19.381.000,00 Mark wovon 16.000.000,00 Mark schon ausbezahlt waren.

Am 12.09.1923 konnte der Glockengießer melden, dass die Glocken zur Bahn gebracht wurden. Pfarrer Sebastian Kümmerle gab ihnen am 24.09.1923 die kirchliche Weihe.

Am 27.09.1923 nahm Domkapellmeister Cassian Reiser die Prüfung vor, die sehr gut ausfiel. Sein Urteil lautet: Gesamteindruck, festlich erhaben. Die Disposition der Glocken könnte nicht besser gewählt sein. Oberarrscher hat die schwierige Aufgabe meisterhaft und musterhaft gelöst.

Leider endete die Glockenbeschaffung in der damaligen Inflationszeit mit einem Prozess, weil die Kirchengemeinde glaubte die Forderungen des Meisters Oberascher seien zu hoch. Es endete mit einem Vergleich. So klangen diese Glocken zur Ehre Gottes bis zum 23.01.1942; nachdem ihr geweihter Mund schon seit dem ersten Kriegsjahr vielfach zum Schweigen verurteilt war. An diesem Tag aber mussten sie bei 32° Kälte den Turm verlassen um dem Reich als Metallreserve zu dienen. Zimmermeister Jos. Ambos von Hopferau vollzog diesen traurigen Henkersdienst.

Zur Ablieferung kamen:
1. Glocke:                                                    Immaculata; vivis gratiam, mortuis vitam.
                                                                    Gewicht 1.435 kg; gegossen 1923 Oberascher München
2. Glocke:                                                    St. Michael; Fortiter, Fideliter, Perseveranter, Pie
                                                                    Gewicht 950 kg; gegossen 1904 Hamm Augsburg
3. Glocke:                                                    St. Anna; gestiftet von Jüngling Johann Lutz, Niederhofen
                                                                    gewicht 450 kg; gegossen 1904 Hamm Augsburg

Zurück blieb die Glocke St. Stephanus mit 729,3 kg.

Am 10. Oktober 1947 kam durch Vermittlung von Stukkateur Josef Schnitzer eine Glocke mit 350 kg Gewicht von der Pfarrkirche Raisting bei Weilheim nach Niederhofen. Kosten 3.000,00 Reichsmark „schlechtes Geld“. Diese Glocke ist aber nach gut vier Jahren zersprungen und so regte sich schon bald nach der Kirchenrestaurierung 1948/49 der Wunsch nach einem neuen Geläut für die Pfarrkirche St. Michael. Im Hintergrund war aber unser Pfarrherr, Geistlicher Rat Sebastian Kümmerle längst am Werk. Schon im Sommer 1952 nahm er Kontakt zu der Glockengießerei F. W. Schilling in Heidelberg auf. Herr Schilling bestätigt am 27.08.1952 den Empfang des Schreibens von Pfarrer Kümmerle und verspricht Anfang September nach Bayerniederhofen zu kommen.

Vom 01. Oktober 1952 liegen insgesamt sechs Verträge vor, von denen allerdings nur zwei von Pfarrer Kümmerle unterzeichnet sind. Es handelt sich dabei um zwei Varianten mit unterschiedlichen Glockengrößen und Gewichten. Ein Vertrag lautet auf ein Gesamtgewicht bei vier Glocken von 3.300 kg und der andere mit ebenfalls vier Glocken auf 3.640 kg. Laut Schlussrechnung der Firma Schilling ist das tatsächliche Gewicht der vier neu gegossenen Glocken 3.941 kg.

1. Glocke Ton cis,                                              1.790 kg                                            St. Maria (Immaculata)
2. Glocke Ton e                                                 1.008 kg                                            St. Michael
3. Glocke Ton fis                                                   679 kg                                            St. Stephan
4. Glocke Ton gis                                                  464 kg                                            St. Anna

Mit einem Schreiben vom 20. Mai 1953 des Bayrischen Landesamtes für Denkmalpflege fing nun aber der Amtsschimmel ganz merklich an zu wiehern. In schöner Regelmäßigkeit meldeten sich bis zum 10. Februar 1954 zum wiederholten Male: Denkmalsamt, Landratsamt, Regierung von Schwaben und bischöfliches Ordinariat zu Wort. In insgesamt 11 amtlichen Schreiben ging es darum, ob man vier neue Glocken genehmigen will oder kann oder soll. Des weiteren wollte man die zwei vorhandenen Glocken (Stephanus und Glocke von Raisting) nicht einschmelzen lassen, da sie eventuell unter Denkmalschutz stehen könnten. Am 05.06.1953 erklärte das Landesamt die 1923 gegossene Stephansglocke als nicht denkmalgeschützt. Das bischöfliche Ordinariat lehnte am 12.06.1953 die Genehmigung zur Glockenbeschaffung ab, am 14.07.1953 wird von diesem Amt die Anschaffung genehmigt. Am 06.08.1953 erlaubte die Regierung von Schwaben auch das Einschmelzen der zweiten Glocke. Am 12. November 1953 stellt die Regierung von Schwaben fest; die Beschaffung der neuen Glocken ist nicht genehmigt. Die Glocken sind aber bereits gegossen uns seit August 1953 geliefert. Am 10.02.1954 wird von der Regierung die Beschaffung von vier neuen Glocken für die Pfarrkirche von Bayerniederhofen staatsaufichtlich genehmigt, man mag es kaum glauben, aber eben diese nicht genehmigten Glocken wurden bereits am 01.08.1953 von Abt Johannes aus Ettal feierlich geweiht und seit mehr als einem halben Jahr läuteten sie schon vom Turm von St. Michael in Bayerniederhofen.

Laut vorliegenden Rechnungen wurden ausgegeben:

01.11.1952     Hüttenwerk Ulm für Glockenbronze   DM       15.779,25
07.04.1953 Fa. Schilling: Anzahlung für Glocken       DM         2.800,00
25.07.1953 Glockenprüfung      DM            231,00
08.08.1953  Fahrten, Auslösungen von Stunden, Fa. Schilling   DM            359,80
10.08.1953 Gasthof Stoffel, Essen und Getränke  DM              14,30
13.08.1953    Fa. Schilling Restzahlung DM         5.106,55
22.08.1953 Hüttenwerk Ulm: Glockenbronze  DM         1.654,35
24.08.1953  Ph. Hörz Ulm, elektrische Läutanlage DM         3.874,00
27.08.1953   Bildhauer Chorherr: Modelle für Glocken      DM         1.000,00
10.09.1953   Goldinger Bauunternehmen: Diverses  DM            565,96
  Somit aus den vorgefundenen Rechnungen Summe:         DM       31.385,21

Noch ein Schreiben vom Geistlichen Rat Sebastian Kümmerle in seiner markanten aber nicht gut lesbaren Handschrift:
„Katholische Kirchenverwaltung Bayerniederhofen                                                                                                                         01.01.1952

An den Herrn Vorstand der Waldkörperschaft Buching-Trauchgau. In Bayerniederhofen sollen Glocken angeschafft und bezahlt werden. Die unterfertigte Kirchenverwaltung bittet den Herrn Vorstand der Waldkörperschaft um eine ansehnliche Beihilfe zu diesem Werk, das für die ganze Gemeinde eine dringende Notwendigkeit ist. S. Kümmerle, Christa Benedikt, Josef Holzmann, Heringer Andreas, Köpf Josef, Köpf Johann, Franz Köpf.“

Und noch etwas zur Erinnerung: Pfarrer S. Kümmerle schreibt an das Landratsamt Füssen man möge doch bei der amerikanischen Besatzungsmacht in der Füssner Kaserne nachfragen ob nicht ein Kommando Soldaten und ein Hebekran beim Abladen der Glocken in Buching behilflich sein könnten. Landrat Dr. Hoffmann trug diese Bitte dem Kommandeur Lt. Colonel R. O. Lehtonen vor und bekam am 25.07.1953 die schriftliche Zusage: „Ich bin sehr erfreut, für solch einen würdigen Zweck Unterstützung geben zu können. Ein Kommando Soldaten mit Hebekran werden sich am 30. Juli 1953 um 17.30 Uhr an der Kirche melden.“

Am 01.08.1953 wurden die vier Glocken von St. Michael und zwei Glöcklein für die Buchinger Kapelle mit Pferdegespannen auf reich geschmückten Wagen vom „Alten Wirt“ nach Niederhofen eingeholt.

In einer ergreifenden Feier weihte Abt Johannes M. Hoeck von Ettal die Glocken, deren Ruf wir alle kennen, die uns noch heute zum Gebet und zum Gottesdienst einladen und uns, mit ihrem Klang auf unserem letzten Weg begleiten werden.